MS Europa 2 – Mit Kaviar, aber ohne Krawatte

© J.Lemcke

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Fünf-Sterne-Plus: Die MS Europa 2 wurde 2014 vom Berlitz Cruise Guide zum besten Kreuzfahrtschiff der Welt gekürt. Der Neuzugang bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten ist ein Luxusliner der legeren Art – die Krawatte bleibt im Schrank und den Kapitän trifft man auf der Brücke, statt beim Dinner.

»Hier ist die MS Europa 2 aktuell

„Ich schlafe 150 Tage im Jahr im Hotel – die Europa 2 ist mit Abstand das beste davon“, sagt Giora Feidman, grinst und fügt hinzu: „Ich verkaufe übrigens keine Tickets für das Schiff.“ Der international gefeierte Klarinettenvirtuose spielt zur Abendshow auf dem Luxuskreuzer und lässt keinen Zweifel an seiner Sympathie für die Europa 2. „Ich spiele überall auf der Welt in den großen Konzertsälen. Meist sehe ich meine Zuhörer nie wieder. Hier treffe ich Sie alle morgen beim Frühstück im Yacht Club und wir plaudern bei Müsli, Lachsbrötchen und Milchkaffee.“ Der Applaus der Abendgäste ist ihm sicher – für seine Worte, aber natürlich auch für sein zauberhaftes Spiel: zart und einfühlsam, temperamentvoll und voller Lebensfreude.

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Tatsächlich treffen wir Giora Feidman später im Fahrstuhl und schlendern mit ihm in die Sansibar. „Eben habe ich im Konzert ‘Gracias a la Vida’ gespielt – Danke an das Leben. Ich bin tatsächlich dankbar für das Leben. Und das empfinde ich auch hier auf dem Schiff. Wir sind hier zusammen wie eine Familie, die gemeinsam eine friedliche und vergnügte Zeit verbringt.“ Nur einen Kritikpunkt hat er: „Meine Konzertjacke wird allmählich zu eng. Das Essen ist einfach zu gut.“

Nach fünf Tagen auf der Europa 2, nach einer gemeinsamen Reise durch die griechische Inselwelt mit Stationen auf Kreta, Mykonos, Naxos und Patmos, geht es morgens beim Frühstück auf der Terrasse des Yacht Club mit Blick auf das glitzernde Meer tatsächlich zu wie bei einer weitläufigen Großfamilie. Stühle werden herangerückt, die Ereignisse des vergangenen Abends diskutiert, neue Freundschaften gefestigt. Legerer Luxus – dieses Motto hat sich der Neuzugang bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten auf die Fahnen geschrieben. Das Konzept scheint aufzugehen. Familien mit Kindern finden hier ebenso ihren Platz wie Stammgäste des gediegenen Schwesterschiffs Europa, die den neuen Luxusliner einmal ausprobieren wollen, der immerhin vom Berlitz-Kreuzfahrtführer zum besten Kreuzfahrtschiff der Welt gekürt wurde.

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Wer den legeren Luxus liebt, ist mit einer Route durch die glitzernde Ägäis, vorbei an verträumten Eilanden, perfekt beraten. Als hätte eine höhere Macht willkürlich Steinhaufen ins Wasser geworfen, liegen die Inseln im tiefblauen Meer. In versteckte Buchten ducken sich weiß schimmernde Häuschen – kleine Orte mit verwinkelten Gassen, die so eng sind, dass sogar die Mopeds rangieren müssen, um nicht mit den Lenkern an den weiß gekalkten Hauswänden entlangzustreifen. Vorzeigeinsel ist Mykonos – fast noch schöner, als es die Katalogseiten zeigen. Gäbe es die Insel nicht schon seit Menschengedenken, hätte sie ein Resort-Designer erfinden können. Blitzblank sind die Gässchen, auf kleinen Plätzen haben Cafés ihre Tische unter Olivenbäumen aufgestellt. Selbst die Windmühlen, die wir von Postkarten kennen, drehen sich hoch über der Stadt im lauen Wind. Draußen in der Bucht vor der Insel liegt die Europa 2. Wir schauen vom Hügel auf das schimmernde Meer und die Tenderboote, die fleißig zwischen dem Luxusliner und der Hafenmole hin- und herpendeln. So muss Urlaub sein.
Abends kommt die Durchsage: Friedrich Jan Akkermann ist zerknirscht. Am nächsten Morgen ist die Kykladeninsel Naxos erreicht, doch die Bucht von Agia Anna kann nicht angelaufen werden. Der Kapitän hat entschieden. Der Wind ist mit acht Knoten zu stark. Das Tendern wäre zu gefährlich und könnte die Boote beschädigen. Die Gäste der Europa 2 nehmen es sehr gelassen. Wer auf diesem Schiff unterwegs ist, steht sowieso immer in der Versuchung, einen Landgang zu schwänzen und das Schiffsleben zu genießen. Wir laufen stattdessen den Hauptort auf Naxos an und bummeln durch das kleine Städtchen mit Hafentavernen, einer quirligen Altstadt und den venezianischen Gässchen hoch auf dem Hügel. Am Abend geht es Richtung Osten mit Kurs auf Patmos auf halber Strecke zur türkischen Küste.

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Patmos hüllt sich in Gewitterwolken. Dramatisch ballen sie sich über dem hoch gelegenen Hauptort Chora mit dem mächtigen Johanneskloster zusammen und mahnen zur Eile. Die Katzen ducken sich in die Hauseingänge und wir suchen Zuflucht in einer kleinen Taverne wie aus einem Bilderbuch. Lichtblau gestrichene Türen und Fensterrahmen, ein kleiner Altar mit Rosenkranz und vergilbte Fotos an den grob gekalkten Wänden. Stefanos tischt auf: Griechischer Salat mit reichlich Olivenöl, Schafskäse und Kräutern, Zaziki und scharf gebratene kleine Fleischbällchen. Die Wolken entladen sich mit Macht und dicke Tropfen prasseln auf das Kopfsteinpflaster. Durchs Fenster hinter einem Regenschleier sehen wir weit unten unsere Europa 2 liegen. Wir beschließen, ein Taxi zu rufen und „nach Hause“ zu fahren.

Tatsächlich fühlt sich das Schiff schon nach ein paar Tagen wie ein liebgewonnenes Zuhause an – ein sehr komfortables wohlgemerkt. Die frühen Seefahrer teilten sich eine Hängematte zu zweit, später gab es eine Kajüte mit Bullauge. Wir dagegen genießen auf der Europa 2 eine weitläufige Hotelsuite mit allen Extras – von Nespresso-Maschine über flauschige Bademäntel bis zum Deck-Chair –, die das Leben so angenehm machen. Sage und schreibe 46 Schubladen nebst Schrankfächern und Kleiderstangen warten in unserer Spa Suite darauf, gefüllt zu werden. Das gelingt uns nicht annähernd auf unserer einwöchigen Reise. Die Suite bietet noch einen besonderen Vorteil: Der Ausblick ändert sich wie bei einem Film, von dem man wünschte, dass nie der Abspann käme. Wenn morgens durch die Verandatür die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer fallen, hält es uns nicht mehr unter der Bettdecke. Welches Bild wird sich draußen zeigen? Strahlender Sonnenschein oder von der aufgehenden Sonne rosa gefärbte Wolken, liegt das Wasser still wie ein See oder tanzen Schaumkronen auf den Wellen? Liegen wir am Pier, lockt entfernt eine Insel, werden die Tenderboote zu Wasser gelassen? Die Neugierde siegt, und so sitzen wir schon früh auf der Veranda, einen dampfenden Kaffee in der Hand und erwarten voller Spannung den neuen Tag.

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Die Europa 2 wirbt mit dem größten Platzangebot pro Passagier weltweit. „Platz ist vielleicht nicht das richtige Wort“, meint Kreuzfahrtdirektor Frank Meikofski, „auf der Europa 2 bieten wir den Gästen Raum – Raum für ihre Individualität, für ihre ganz eigenen Bedürfnisse“. Luxus bedeute hier, sich frei nach Wunsch bewegen und verhalten zu können, versorgt zu werden wie bei Freunden und irgendwann einfach wunschlos glücklich zu sein. Die Europa 2 ist ideal für Menschen, die in einem stressigen Berufs- und Alltagsleben stehen und nur wenige Urlaubstage abzweigen können. Die Routen sind auf sieben Tage ausgelegt, und das Programm bietet die Möglichkeit, sich zwischen kompletter Ruhe und anregenden Aktivitäten zu entscheiden.

An Land gehen oder doch besser das Schiff genießen? Keine einfache Entscheidung. Selbst sieben Seetage ließen sich problemlos füllen. Mit einem Buch in der Hand relaxen wir in unserer Spa Suite auf den bequemen Design-Sofas von Cor und schlürfen Holunderbionade aus der kostenfreien Minibar. Immer wenn sich leichter Hunger meldet, klopft wie bestellt Butler Claudius an die Tür und bringt mit verschwörerischem Grinsen Lachshäppchen, Schokotrüffel oder Mandelgebäck. Während das Meer draußen vorbeizieht, überdenken wir die Möglichkeiten des Tages: Eine Lektion bei Golf Pro Marco Hoppe im Simulator, eine Zumba-Stunde im Fitness-Center, Kochkurs, 3D-Kino oder Chillen bei Pianomusik im Café Belvedere? Oder doch besser in der eigenen Whirlpool-Badewanne mit Fensterblick entspannen, um dann gestärkt das abendliche Programm aus Dinner, Show und Late Night Disco zu absolvieren?

„Wir haben leider nur drei Steinway-Flügel“, erklärt Henriët Wunnink, die für die künstlerische Leitung auf der Europa 2 verantwortlich ist, ein wenig beschämt. Da gäbe es schon mal Engpässe, wenn die Künstler auf dem Schiff für ihre Programme üben wollen. Rund 30 Akteure sind zeitgleich an Bord. Sänger, Tänzer, Musiker und Akrobaten, die sich unter die Gäste mischen, mit ihnen plaudern und auch einmal spontan eine Showeinlage bieten. Neben den Gastkünstlern ist alle drei Monate im Wechsel ein neues festes Ensemble mit neun Akteuren an Bord, die eine eigens für die Europa 2 produzierte Show auf die Bühne bringen. Von Varieté und Akrobatik über Gesang und Tanz bis zur innovativen Lichtshow – alles exklusiv, nur auf der Europa 2 zu sehen. Dabei werden auch neue Wege beschritten. Für den Abend ist eine Lichtshow angekündigt. Tänzer mit leuchtenden Bändern zaubern geometrische Figuren auf die Bühne. Ein Drummer lässt im Rhythmus sphärische Bilder auf der LED-Wand erscheinen. Auch logistisch sind die Shows eine Herausforderung. Das Equipment muss beim Ensemblewechsel an den entferntesten Orten der Welt ein- und ausgeladen werden. „Für unsere de-Light-Show brauchen wir eine Lichtharfe“, sagt Henriët Wunnink, „das Zubehör ist sehr speziell und kann nicht einfach irgendwo auf einer kleinen Insel besorgt werden.“

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Der eine liebt Kunst und Kultur, der andere Sonnenbaden und Sport – doch alle lieben die kulinarischen Vergnügen an Bord. Schon am ersten Tag erhalten wir Besuch vom Maître d‘Hôtel Carsten Kühfeldt. Er lädt uns auf eine kulinarische Reise durch die acht Restaurants des Schiffs ein. Wir testen also Kürbiscremesüppchen und geröstete Kapern im italienischen Serenissima, Tartar mit Kaviar im französischen Tarragon und Thunfisch in Bananenblättern im asiatischen Elements. Wir schlemmen uns auch durch das Sushi-Angebot im Sakura, die variantenreiche Karte im Hauptrestaurant Weltmeere und bedienen uns am Büffet im Yacht Club. Am Ende bleiben wir dem Maître d‘Hôtel die Antwort schuldig, welches unser Favorit ist.

Auf einer Sonnenreise durch die Ägäis ist für viele der Yacht Club mit der Außenterrasse und legeren Atmosphäre das Restaurant der bevorzugten Wahl. Dort treffen wir dann auch wieder auf Giora Feidman, der zum Dessert schwarzes Vanilleeis gewählt hat – ein Geheimtipp an Bord, ebenso wie die Kapitänsmäuschen, kakaobestäubte kleine Pralinés mit feinstem Rum gefüllt. „Ein ordentlicher Schluck“, gibt Kellner Ole aus Bremerhaven zu und holt auf Wunsch sofort ein neues Schälchen aus der schiffseigenen Pâtisserie.

Die letzte Nacht, das letzte Frühstück im Yacht Club unter freiem Himmel. Wehmut kommt auf unter den Gästen, die im türkischen Kusadasi das Schiff verlassen. Alle haben sich an der Gangway versammelt, der Kapitän, der Hotelmanager, der Kreuzfahrtdirektor und viele von den Servicekräften und den philippinischen Helfern an Bord und an den Tenderbooten. „Adieu und auf Wiedersehen“, heißt es beim Abschied – und vor allem „Bis zum nächsten Mal!“ Wir schauen noch einmal zurück auf unsere elegante Luxus-Lady, winken allen zu und beschließen: „Ja, bis zum nächsten Mal!“

MS Europa 2 – Familien willkommen

Die MS Europa 2 setzt auf Luxus der legeren Art und ist deshalb auch für Familien bestens geeignet. Eltern mit Kindern sind herzlich willkommen und werden mit Angeboten für alle Bedürfnisse und Altersklassen empfangen. Schon beim Empfang schüttelt Steiff-Maskottchen Käpt’n Knopf die Kinderhände und verspricht eine tolle Zeit. „Es gab zu Beginn einige Bedenken der älteren, ruhebedürftigen Gäste“, sagt Kreuzfahrtdirektor Frank Meikofski, „doch die Kinder sind auf unserem Schiff so gut betreut und beschäftigt, dass es in der Praxis überhaupt keine Interessenkonflikte gibt. Im Gegenteil: Die Kinder an Bord werden mittlerweile von den Allermeisten als lebendige Bereicherung empfunden.“

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Die MS Europa 2 bietet eine umfassende Betreuung in drei Altersgruppen: für Zwei- und Dreijährige im Knopf Club, für Kinder von vier bis elf Jahren im Kids Club sowie für Teenager von elf bis 15 Jahren im Teens Club. Auf den Familienreisen werden spezielle Familienausflüge wie etwa Schatzsuchen, Töpferkurs oder Reiten angeboten. An Bord gibt es abwechslungsreiche Kinderprogramme und Entdeckertouren, damit die Eltern ganz in Ruhe Mahlzeiten, Spa-Besuche oder Freizeit genießen können. Sieben Familien-Appartements bieten zwei getrennte Wohnbereiche, die durch eine Zwischentür über die Veranda miteinander verbunden sind. Für kleinere Kinder gibt es ein Baby-Welcome-Paket und auf Wunsch Babyphone und Babyreisebett, gegen Aufpreis auch einen Babysitter-Dienst.
Kinder bis einschließlich elf Jahre reisen kostenlos, wenn sie von ihren Eltern oder zwei Erwachsenen begleitet werden. Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren fahren bei Unterbringung in der Suite ihrer Begleiter für 50 Euro am Tag mit.

MS Europa 2 – Daten & Fakten

Reederei: Hapag-Lloyd Kreuzfahrten
Flagge: Malta
Baujahr: 2013
Bordsprache: Deutsch, Englisch
Tonnage: 42.830 BRT
Länge / Breite / Tiefgang: 225,38 m / 26,70 m / 6,30 m
Stabilisatoren: vorhanden
Geschwindigkeit: 21 Knoten
Decks / Passagierdecks: 11 / 7
Besatzung: 370
Passagiere / Kabinen: 516/ 258

Jutta Lemcke

Liebt ihre Heimatstadt Hannover - ist aber genauso gerne rund um den Globus auf Reisen. Ob die sieben Weltmeere, asiatische Mega-Metropolen oder die endlosen Wüsten Afrikas - die Journalistin und Buchautorin fühlt sich ganz zuhause, wenn sie in der Ferne unterwegs ist.